10 Tage nach der Bundestagswahl ist ein guter Zeitpunkt, um zu diesem Ereignis ein bisschen was zu Bildschirm zu bringen. Viel ist schon geschrieben worden. Insofern macht ein Bericht nur Sinn, wenn er für mich genauso spannend ist, wie für potentielle Leser. Mir geht es um eine Zustandsbeschreibung der Berliner Republik, seiner Parteiakteure und seines Parteienspektrums insgesamt. Nur daraus lässt sich anhand einiger exemplarischer Beispiele in Kombination mit der Verarbeitung der Erfahrungen der letzten Jahre eine Analyse der Piratenpartei inklusive Handlungsempfehlungen erarbeiten. Ich werde dazu mindestens drei Artikel veröffentlichen. Dieser erste betrachtet die anderen Parteien, ihren aktuellen Zustand, ihre Wahlergebnisse und ihre Konsequenzen daraus. In einem weiteren Bericht werde ich auf die Piratenpartei eingehen, versuchen ein paar Mythen zu dekonstruieren und grundsätzliche Vorschläge für unsere Konsequenzen aus der Wahl machen. Am vergangenen Donnerstag habe ich ein Gespräch mit Matthias Bjarnemalm, dem Büroleiter von Amelia Andersdottir im EU-Parlament, geführt, der auf Grundlage eigener Erfahrungen konkrete Vorschläge für die Umstrukturierung des Vorstands macht. Darauf basierend werde ich einen dritten Artikel schreiben, dem je nach Reaktion möglicherweise weitere folgen.
Ich schreibe die Berichte auch mit der Intention, dass diese zu weiteren Berichten bei Peira e.V., der Gesellschaft für politisches Wagnis, führen, freue mich auf die Gesamtergebnisse und hoffe darauf, dass sich das Portal als Spannungsumfeld für Analysen in und um die Piratenpartei in Zukunft noch stärkerer Beliebtheit freuen wird.
FDP – Selbstverliebt und selbstverschuldet
Beginnen wir mit einem einfachen Fall. Der Absturz der FDP von 14,6% 2009 auf 4,6% 2013 ist voll und ganz erklärbar und hat wenig mit Veränderungen in der Gesellschaft und viel mit eigenem Verschulden zu tun. So gut wie jede[r] wird sich noch daran erinnern, wie Guido Westerwelle auf allen Kanälen mit einem einfachen, besseren und gerechteren Steuersystem geworben hat. Tatsächlich haben sowohl die FDP als auch die JuLis bis 2009 sehr spannende und detaillierte Konzepte ausgearbeitet. Nur redet da mittlerweile niemand mehr von. In einem lesenswerten und angenehm detailvollen Bericht des Scheiterns im Spiegel von 2012 (Hier der Spiegel-Bericht zum ausführlichen Nachlesen) wird als erste entscheidende Szene dargestellt, wie Christian Wulff schon am ersten Tag der Koalitionsverhandlungen alle Träume der FDP auf eine Umsetzung ihrer Versprechungen beerdigt. Was die FDP nicht davon abhält, trotzdem ihre “Wunschkoalition” einzugehen. Die inneren Strukturen der Partei und die Intensität, mit der Westerwelle zwar Regierungsverantwortung anstrebte, aber alle Koalitionen außer mit der Union ausgeschlossen hatte, verhinderten, dass relevante Teile davon im Laufe der vergangenen vier Jahre umgesetzt oder auch nur ernsthaft in Betracht gezogen werden konnten. Als zweite Schlüsselszene beschreibt der Spiegel den nur halb gelungenen Putsch 2011. Das Ergebnis der Putschisten, angeführt von Rösler, Lindner und Bahr war: Westerwelle konnte – ohne Parteiamt – sein Ministeramt behalten und Brüderle entkommt seiner Entmachtung – mit viel Rachsucht ausgestattet – auf den wesentlich einflussreicheren Posten des Fraktionsvorsitzenden. Das einzige echte Opfer wird mit Fraktionschefin Birgit Homburger mal wieder eine Frau. Brüderle und seine Verbündeten schaffen es in den nächsten Jahren erfolgreich, jeden kreativen Ansatz, der nicht mit dem FDP-Bild, welches sie seit Jahrzehnten kennen und pflegen, im Ansatz zu ersticken.
Um die vergangenen vier Jahre FDP zu verstehen empfiehlt sich biografischer Blick auf das Wirken Christian Lindners zwischen 2009 und 2013. Dazu gehört die Phase, in der er als Generalsekretär jahrelang unermüdlich gegen die Mühen der mittleren Management-Ebenen ankämpfend versucht, die erfolgreich entlarvte Partei inhaltlich und imagetechnisch neu aufzustellen. Seine Vorschläge werden von der Partei intern und auch öffentlich als “Säusel-Liberalismus” verlacht. Nachdem er vom Parteivorsitzenden kaum Unterstützung erfährt und sein Programmentwurf an Blockaden zu scheitern droht, wirft er Ende 2011 entnervt hin. Kurz danach hat Parteichef Philipp Rösler die aus seiner Sicht zündende Idee: Er will das Steuersenkungsmantra der Partei durch ein Wirtschaftswachstum-Mantra ersetzen. Beim Drei-Königs-Treffen hält er eine Rede, in der er auf den Club of Rome schimpft und Wirtschaftswachtstum predigt. “50 Mal kommt der Begriff in seiner Rede vor.” Das ganze ist jedoch eine Totgeburt, die in der Partei niemand ernst nimmt und keinen Widerhall findet.
Nur wenige Monate später findet Lindner eine eigene Idee. Er will die Steuerversprechen durch ein genauso sinnentleertes Schuldenabbau-Mantra ersetzen. Aufgrund von unfähigen NRW-Abgeordneten, die nicht wissen, in wie vielen Lesungen die Fachbereiche ihres Haushaltsplanes beraten werden, platzt der NRW-Haushalt 2012 und aufgrund der guten Umfragewerte von Rot-Grün werden Neuwahlen ausgerufen. Ohne zu Zögern schwingt Lindner sich in den Sattel, macht aus der eigenen Dummheit eine Tugend und plakatiert: “Lieber neue Wahlen, als neue Schulden”, dazu in an Personenkult erinnernder Vielfalt sein Konterfei im ganzen Bundesland. Es handelt sich um eine Hingwegtäuschung darüber, dass die FDP ihre 2009er-Wahlversprechen immer noch nicht eingehalten hat, nun schon zwei Mantras über Bord geworfen hat und bereits mit dem dritten (mit den anderen übrigens gar nicht so leicht zu vereinbarenden) zur Wahl antritt und eine immer fehlende inhaltliche Neuaufstellung durch eine Personalisierung zu überdecken versucht. Die Täuschung der Wähler gelingt 2012 in zwei von drei Landtagswahlen. Ende des Jahres wird dann Lindners Parteiprogramm verabschiedet. Seine “Säusel”-Ansätze locken keinen Kritiker mehr hinter dem Ofen hervor, da man in der Partei sowieso davon ausgeht, dass es sich nun nur noch um eine Überbrückung bis zur Bundestagswahl handelt, die sich nur mit schnellen Volten und situativen Forderungen sowie einem Schuss deutlich formulierter Verzweifelung in Richtung BürgerInnen und Wirtschaft bestehen lässt. Mit welcher grundsätzlichen Ausrichtung im Partei- oder Wahlprogramm man sich die letzten Meter quält, ist in der Partei nicht mehr von großem Interesse. Es handelt sich daher bei der Annahme des Programms auf dem Parteitag um einen späten programmatischen Pyrrhus-Sieg Lindners. Die letzte Täuschung ist 2013 die Behauptung, die FDP wolle nach der Bundestagswahl mit der Union koalieren. Dass dies wahrscheinlich das noch verzögerte Todesurteil für die Partei bedeutet, ist den Beteiligten klar. Was die Alternativen sind, weiß niemand so Recht.
SPD – Das erfolgreich verteidigte Paralleluniversum
Die SPD ist gleich nach der FDP von allen Parteien am schlechtesten aufgestellt. In ihren Bemühungen dies beizubehalten verdient sie sich daher auch ein Quäntchen mehr Text. Ihre langjährigen Menetekel – das Agenda-Trauma, die Linke und der Verlust des Status Volkspartei und großer Teile ihrer Stammwählerschaft – bleiben ihr alle erhalten und konnten von ihr durch – Überraschung! – durch jahrelanges, intensives Augenverschließen nicht entkräftet werden. So lassen sich ihre unerfolgreichen Versuche, alte Wählerklientele zurückzugewinnen oder neue zu erschließen leicht erklären und werden sich voraussichtlich auch noch eine Weile fortsetzen. An dieser Stelle könnte man darüber resümmieren, ob ihre inhaltliche Aufstellung zumindest die Partei selbst überzeugt, sie also – im übertragenen Sinne – wenigstens für eine gute Sache gescheitert ist und damit mit sich selbst im Reinen ist. Aber das ist bei der SPD müßig. Seit Jahrezehnten orientiert sich die Partei bei ihren inhaltlich-programmatischen Entscheidungen nicht mehr am Willen ihrer Mitglieder, sondern an vermuteter Wirkung, bezahlten Analysten und dem Versuch, sich auf dem Markt zu platzieren. Umso enttäuschender daher die Kluft zwischen den erfolgreichen Regierungsbildungen auf Länderebene der letzten Jahre und dem enttäuschenden Wahlergebnis auf Bundesebene.
Doch Halt! Nur außerhalb der SPD-Filterblase ist man bereit diese simplen und schmerzhaften Wahrheiten zu akzeptieren. Dort – wo schon die Wahlniederlage von 2009 vor allem auf die Koalition mit “Killer-Kanzlerin” Merkel zurückgeführt wird – wird das Wahlergebnis als Erfolg gefeiert. Rücktritte blieben bisher aus. Damit zumindest bleibt sich die Partei in ihrer gesellschaftlichen Verweigerungshaltung und geschichts-, fakten- und ergebnisvergessenen Planlosigkeit wieder einmal treu. Das Hauptproblem der Partei ist und bleibt, dass sie sich struktureller Weiterentwicklungen versperrt und in ihrer Aufstellung immer wieder wie eine CDU light gebärdet. Doch wahrscheinlich wird dort auch die Tatsache, dass die Partei beim Mitgliederverlust 2012 im Sinkflug von der CDU überholt wurde, als Erfolg gedeutet. Auch dass es im Bundestag nun eine linke Mehrheit geben könnte, wird von der SPD vehement abgestritten. Womit sie dies in eine selbsterfüllende Prophezeiung münden lässt.
Auch wenn die Ursachen für die Situation der Partei viel tiefer in der Vergangenheit liegen, lohnt sich ein Blick auf das Jahr 2009. Dies wäre das Jahr gewesen, in dem man aufgrund des -12%-Wahlergebnis die besten Chancen zur inhaltlichen Neuaufstellung hatte. Doch statt sich aber ihrer demokratischen Wurzeln zu besinnen, riefen sich direkt nach der Wahl Gabriel, Nahles und Steinmeier zu Parteivorsitzenden, Generalsekretärin und Fraktionsvorsitzenden aus. Steinmeier, eigentlich Verlierer des Tages, hatte sogar die Chuzpe, dies noch am Wahlabend zu vollziehen. Danach blieb er vier Jahre lang blass. Umso größer meine Überraschung, dass ihm dieser Putsch von oben am 24.9.2013 und ohne größeren Widerstand erneut gelingen sollte. Dass 2009 die beste Chance gewesen wäre, sieht man daran, dass damals umfangreiche Diskussion begannen über die Inklusion externer Meinungen in die parteiinternen Meinungsbildungsprozesse, wie die demokratisch breite Vorauswahl der Kanzlerkandidatin. Stattdessen rief das triumvirative Kartell 2012 ohne Einbeziehung auch nur der eigenen Partei und in Kenntnis seiner parteischädigenden Auftragshonorare den Agenda-Mann Steinbrück einseitig zum Kanzlerkandidaten aus.
Schlimmer ist jedoch, dass aus allen Reformplänen (digitale Beteiligungskonzepte anyone?) letztlich nur eine bedeutungslose Umstrukturierung des Präsidiums blieb. Und nachdem Gabriel und Nahles sicher im Sattel saßen, war auch von ihnen keine ernsthafte Bemühung im Reform zu vernehmen. Dabei verkennt die Partei, dass Deutschland mit der Union bereits einen bundesweit bekannten Kanzlerwahlverein besitzt, der dies phasenweise perfektioniert und neben dem ein zweiter zu sein kein Alleinstellungsmerkmal bedeutet. Schlimmer ist jedoch, dass das Eintreten für linke Positionen, ohne deren dadurch geweckten Anspruch auch innerparteilich umzusetzen immer weniger toleriert wird. Auch im gesellschaftlich immer relevanteren und auch wahlentscheidenden Bereich Stärkung, Platzierung und Repräsentation von Frauen versagt die SPD kläglich, lässt sich mittlerweile sogar von der CDU den Rang ablaufen, die unter Merkel ein überraschend effektives Förderprogramm gestartet hat. Kein Wunder bei dieser Ausgangsposition, dass der SPD-Wahlkampf in seiner Endphase (nachdem seine Existenz zuvor monatelang geleugnet worden war) an ein “Rennt, rettet, flüchtet” und “Jeder für sich” erinnerte.
Dass die Partei sich im dritten Jahrzehnt nach der Wende noch immer von konservativen Medien (an der Nase herum-)führen lässt in der Frage, ob man mit der Linkspartei reden, arbeiten oder koalieren darf, fällt dabei schon kaum noch ins Gewicht. Kein einziges parierte ein SPDler die Frage nach der Koalition mit der Linken mit der einzig angemessen Antwort, dass einst weder Union noch FDP ein Problem darin gesehen hatten staatstragende Blockflötenparteien zu schlucken. Aber so bleiben nicht nur Möglichkeiten, sich weiteren Wählerklientelen zu öffnen, sich mit seiner eigenen Vergangenheit und seinen Mitgliedern zu versöhnen und die Partei moderner aufzustellen verschlossen, sondern dazu auch noch die Möglichkeit trotz Stroke of Luck sondergleichen die linke Parlamentsmehrheit zur Wahl eines SPD-Kanzlers zu nutzen.
Grüne – Gut aufgestellt trotz Wahlschlappe
Die Grünen sind im Parteienspektrum die Partei, die aktuell am besten aufgestellt ist. Ihr schlechtes Abschneiden lag weniger an der Arbeit der vergangenen vier als an Fehlern, die im Wahlkampf gemacht wurden und die bereits umfassend analysiert wurden. Programm und Aufstellung bieten ihnen beste Chancen, aus aktuellen 8 auch wieder 12, 14 oder 18 Prozent zu machen. Als sinnvolle Analyse der Fehler empfehle ich die Artikel Grüne Umverteilung, Das Richtige falsch verkauft und Schluss mit der Weichspüler-Partei. Zudem vollziehen sie gerade einen lange überfälligen Generationswechsel und demonstrieren damit auch einen angemessenen Umgang mit dem Wahlergebnis. Dies steht im krassen Kontrast zu den ebenso verlierenden Linken – wenn diese auch den einengenden Überonkel Lafontaine in den letzten Jahren erfolgreich abgestoßen haben – und der SPD, die ihr zweitschlechtestes Wahlergebnis der Geschichte und das Verfehlen aller Wahlziele als Erfolg verbucht und sich Hals über Kopf in Sondierungsgespräche stürzt.
CDU – Führungsfixiert und (vorerst) glücklich damit
Kurz gesagt: Der CDU geht es gut, solange es Merkel gut geht. Die Partei ist nach längerem Widerwillen mittlerweile mit Leib und Seele an die Ost-Protestantin gekoppelt. Dazu gehört nun das Wissen, dass es nach Merkel kaum geeignete Nachfolger geben wird. Unter Merkel geht es der Partei jedoch gut. Sie hat einige liebgewonnene aber störende Anachronismen wie Wehrpflicht und Atomkraft und den grundsätzlichen Widerstand gegen Frauenquoten über Bord geworfen. Sie hat – außer Horst Seehofer – keine mächtigen Landesfürsten, die der Bundespartei dazwischen grätschen. Und sie hat eine recht professionelle Frauenförderung betrieben, die auf der höchsten Ebene von der Leyen, Schavan, Kramp-Karrenbauer, Lieberknecht und Aigner (CSU) kennt, aber auch darunter einiges an Veränderung gesehen hat.
AFD – Mittig antäuschen, rechts fischen, ferngesteuert entscheiden
Über die AfD habe ich mich schon an anderen Stellen umfassend geäußert. Ich empfehle dazu meinen Podcast mit Professor Martin Haase und Prof. cand. Thomas Wied. Interessant ist, dass vielen Menschen noch nicht ganz klar zu sein scheint, welches die gesellschaftliche Funktion dieser Partei ist – was übrigens etwas gänzlich anderes ist, als welche Rolle sie im Parteienspektrum einnehmen soll und wird. Ihre Funktion in der Gesellschaft ist, Druck auf die deutsche Politik auszuüben, eine weitere Harmonisierung der europäischen Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik zu verhindern. Durch diesen wichtigen Schritt würden große Unternehmen daran gehindert, sich so wie jetzt ihren Standort nach der steuerlichen Wetterlage frei in ganz Europa auszusuchen und auch weiter durch Abwanderungsdrohungen dringend notwendige Sozialreformen zu verhindern oder sogar in die falsche Richtung anzustoßen. Dazu empfiehlt sich auch die Texte von Jens Berger “Die deutsche Tea Party” in der taz im April und “AfD ante portas – Rechtsruck mit der deutschen Tea Party” bei den Nachdenkseiten im September. Mit welchen hanebüchenen Thesen und Behauptungen sie bei Umfragen und Wahlen ausreichend Stimmen generiert, um diese Interessen durchzusetzen, spielt dabei gar keine große Rolle. Hauptsache es sind “einfache Lösungen für komplexe Probleme”.
Das Euro-Thema passte zufälligerweise ins Schema, da dafür 1. von rechten Parteien jahrelang der Boden bereitet wurde, 2. es ja zumindest auch etwas mit Europa zu tun hat und 3. so komplex ist, dass man hier wenig Angst haben muss, die Schwammigkeit und Unsinnigkeit der Thesen effektiv widerlegt zu bekommen. Dabei zeigen alle Zahlen und Studien, dass die vor allem durch gezielte Spekulationen und kapitalistische Marktpsychologie hervorgerufene Schuldenkrise Eruopas seit ca. einem Jahr beendet ist. Was momentan in Europa existiert, ließe sich besser als Einkommens- und Realverlustkrise sowie einer Krise der demokratischen Legimation beschreiben.
Aber, ach wo. Inhaltliches Argumentieren ist an dieser Stelle sowieso unangebracht. Interessanter ist ja, wo die AfD ihre Wählerchen zu fischen versucht. Die Auflösung der Partei “Die Freiheit” zugunsten der AfD zeigt, wohin die Reise geht. Die Partei wird auch in Zukunft versuchen, mit einer straff von oben organisierten Top-Down-Struktur gleichzeitig nicht in die Piraten-Medien-Falle zu laufen, mit zu vielen Stimmen zu sprechen, aber sich dennoch als “Gegen-die-da-oben”-Partei zu gerieren. Der Fokus liegt auf klassisch nationalistischen Argumentationsmustern oder sogar plumpen Rassismus und Klassismus. Zugleich wird sie sowohl klassische konservative sowie querulantisch-maskulistische Kreise anzusprechen versuchen. Dazu noch ein bisschen Klimaleugnung und fertig ist die Protestpartei. Andreas Kremper schreibt zur Partei auf seinem Blog immer wieder eindringliche Texte.
Finanziert wird die Partei logischerweise über mittelgroße und große Spenden aus der Industrie. Der in zwei Jahren erscheinende Spendenbericht 2013 wird uns möglicherweise einiges interessantes dazu liefern. Und so ist es dann auch zu erklären, dass eine Partei aus lauter Krawattenträgern, die sich als Anti-Establishment-Partei geriert, aber zugleich noch im Gründungsjahr mit dem ersten Spendenskandal aufwartet dennoch 4,7% der Stimmen bekommt.
Fazit – Merkel ohne Ende und viel Umbruch
Die deutsche Linke überwindet seine tiefe Krise nicht. Sie bleibt mittelfristig regierungsunfähig, auch wenn sie es aufgrund der 5%-Sperrklausel schafft, die Mehrheit im Bundestag zu erreichen. Die irrationale Abneigung von SPD und Grünen, die wohl mehr auf Kenntnis des Mediensystems basiert, als auf tatsächlichen Bedenken in der Sache, bleibt vorerst bestehen und verhindert einen Wechsel der politischen Inhalte, von einer Veränderung der politischen Kultur gar nicht erst zu sprechen. Auch die wissenschaftliche R2G-Kuschelgruppe “Institut für eine solidarische Moderne” konnte daran in den letzten Jahren nichts ändern. Solange sich hier nichts tut und nicht ein anderes Wahlsystem vom Himmel fällt, wird man die Kanzlerschaft der Union auch nicht beenden können. Statt nun wenigstens das Beste aus der Sache zu machen und über Alternativmodelle wie Minderheits-, Allparteien- oder tolerierte Regierung nachzudenken, um tatsächliche Veränderungsprozesse anzuschieben, wird mantraartig die vom politischen Gegner ohne Grundlage wiederholte Aussage, auf Bundesebene brauche man Stabilität wiederholt, um mangelnde Risikobereitschaft zu kaschieren. Sowohl SPD als auch Grüne werden keine Neuwahlen riskieren wollen und sind momentan dabei ihren Preis für die Koalition möglichst hoch zu treiben. Gerade bei den Grünen wird momentan das Hauptwahlkampfthema Steuer- und soziale Gerechtigkeit ein bisschen zu sehr unter den Tisch gekehrt und dafür zu sehr auf das Thema Umwelt gedrängt, als dass man wirklich noch daran zweifeln könnte, dass sie sich der Union anbiedern.
Die FDP verabschiedet sich bis auf weiteres von der bundespolitischen Bühne. Absehbar war dies unter anderem auch daran, dass die Großspenden aus der Industrie in den vergangenen Monaten abgenommen statt – im Wahlkampf – zugenommen haben. Die drei dort zu stellenden Fragen sind: 1. Gibt es einen intelligenten Charismatiker, der die Partei so führen kann, wie sie das möchte? 2. Wird sich die Partei mittelfristig ein Thema suche, mit dem sie wieder erfolgreich gesellschaftliche Wählergruppen erschließen kann, was aber trotzdem auch umsetzbar ist und 3. Wird sie die Industrie erfolgreich davon überzeugen können, dass Großspenden bald wieder besser bei ihr investiert sind, als bei Union oder der AfD? Für 1. steht Christian Lindner bereit, 2. wird sich schon finden und 3. könnte bei der nächsten Schwäche daraus folgen, was aber durch das Auftreten der AfD erschwert wird. Beunruhigend ist, dass das Parteiensystem nach rechts zu rücken droht. Paradoxerweise liegt das genauso am Erfolg von Union und AfD, wie am Misserfolg der Grünen. Daraus gilt es, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.
Das war eine kurze Summary der Ergebnisse und des Zustands der anderen Parteien. Ich hoffe, es hat gefallen. Die Fortsetzungen werden sich dann stärker mit der Piratenpartei beschäftigen.
Als erstes einmal dieses hierarchige SG-Prinzip wieder abschaffen und die Pyramide wieder auf den Kopf stellen, also mit der Spitze nach unten, so einfach ist es und da brauche ich nix weiter zu lesen…
Zweitens Beauftragungen durch den BuVo komplett abschaffen, beauftragt wird über AG’s oder Ähnlichem, jedenfalls nicht von BuVo’s die mit AG’s nicht reden wollten.
Drittens unabhängig vom Parteiengesetz die BuVo-Pöstchen parteiintern nur als Außensprecher der Basis fungieren lassen.
etc. etc. usw.