Nach dem ersten Teil, in dem ich mich auf das Abschneiden und den Zustand der anderen Parteien konzentriert habe, will ich nun den Fokus auf die Piraten legen. Einiges sind Punkte, die mir schon länger unter den Nägeln brennen und die ich jetzt mit ein arbeite. Einiges basiert auf den Beobachtungen der Bundestagswahl und der anderen Parteien.
Themen/Inhalte – Flügel aussöhnen, linksliberale Positionen weiterentwickleln, innerparteilichen “Aufbau Ost” vorantreiben
Das Thema “Inhalte” könnte man eigentlich auch ausblenden oder sehr kurz halten: Wir haben welche und die sind ziemlich gut und stellen an vielen Stellen auch Alleinstellungsmerkmale dar. Leider gibt es innerhalb der Partei drei Probleme, die mit unseren Inhalten zu tun haben.
1. Beschlüsse bzw. Mehrheitsentscheidungen werden nicht ausreichend anerkannt.
2. Beschlüsse werden falsch nach außen weiter gegeben.
3. Es wird nicht erkannt, was aus Beschlüssen resultiert.
Dazu ein bisschen Vorgeschichte: Ich denke, in Bzeug auf die Inhalte der Piraten, lassen sich grob zwei Flügel definieren (lest dazu auch meine Texte zu Flügeln in der Partei) Die Linken und die Humanisten. Die Humanisten kann man je nach Vorliebe auch nennen: Liberale, Bürgerrechtler…Kernis. Wichtig ist die Unterscheidung nur, um zu verstehen, warum manche Beschlüsse, selbst im bundesdeutschen politischen Spektrum radikal klingende Forderungen, innerhalb der Partei fast einstimmig durchgehen, während andere hochumstritten sind oder man sich gar nicht einigt. Letztlich sind die Humanisten Kernis im Sinne von Bremser bei aus ihrer Sicht radikalen Forderungen. Meiner Empfindung nach wollen sie zum allergrößten Teil nicht die Weiterentwicklung des Parteiprogramms grundsätzlich behindern oder es gar auf den Stand von 2009 zurückdrehen. Aber dazu gleich noch mehr.
Welche Auswirkungen haben die Existenz dieser beiden Gruppen nun? Da gibt es zum Einen die Teile unseres Programms, der von Linken und Humanisten gleichermaßen getragen wird: Klassische Bürgerrechte, Netzpolitik, (digitale) Beteiligung, Transparenz, Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften, Trennung von Kirche und Staat und sogar die – in Teilen der Gesellschaft umstrittenen – Forderungen nach mehr Rechten für Flüchtlinge. Wichtig ist an dieser Stelle auch: Unsere Forderung nach der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommen in der Gesellschaft hätte nicht über Jahre immer wieder die Zwei-Drittel-Mehrheit erhalten, wenn nicht große Teil der Humanisten sie als eine liberale Forderung zur Entfaltung der Persönlichkeit verstehen würden. Insofern liegt die Minderheit, die das BGE als rotes Tuch und Symbol bekämpft hier sowohl inhaltlich als auch strategisch falsch.
Umkämpft sind und werden es auch in Zukunft sein Positionen, die von Humanisten als klassisch links wahrgenommen werden. (Verlgeicht selbst) Das betrifft klassische Themen der Verteilungsgerechtigkeit und der Macht in der Gesellschaft wie Steuer- und Wirtschaftspolitik, Renten-, Gesundheits- und Sozialpolitik, Außen- und Sicherheitspolitik, in Teilen sicherlich die Bildungspolitik. Das sehr gute, aber sehr deutlich linke Handschrift tragende Wahlprogramm 2013 lässt in einigen Abschnitten Impulse der Humanisten vermissen. Ob das daran lag, dass sie sich auf andere Abschnitte konzentriert haben oder aus Kapazitätsgründen erfolgte, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich kann mir aber vorstellen, dass einige eigentlich als links empfundene Forderungen aus Mangel an Alternativen die Mehrheit bekamen. Das ist aber nun auch müßig.
Wichtig ist, dass beide Seiten die Existenz und die Berechtigung der jeweils anderen Gruppe anerkennen und schätzen lernen. Viele Menschen außerhalb der Partei wissen unsere Postionen und unsere Alleinstellungsmerkmale durchaus zu schätzen. Das ist also durchaus ein Asset, auf dem wir aufbauen können. Zudem sollten wir gemeinsam folgendes berücksichtigen:
1. Einmal getroffene Beschlüsse bzw. Mehrheitsentscheidungen müssen von beiden Seiten anerkannt werden. Es wird immer noch ein weiteres Wahlprogramm geben, in dem man Korrekturen vornehmen können wird. Es gibt immer noch eine weitere AG, die daran weiter arbeiten wird. Nichts ist in Stein gemeißelt und was dieses Mal unsere Position in der Gesundheitspolitik war, mag 2017 durch ein neues Modell ersetzt werden.
2. Getroffene Beschlüsse müssen korrekt und selbstbewusst nach außen getragen werden. Beispiel BGE: Wer nach außen kommuniziert, diese Forderung sei ein “Linksruck” o.ä. der Partei, verweigert sich der Wahrheit, dass eine Mehrheit der Partei dies offensichtlich als guten Kompromiss zwischen klassischen linken sozialpolitischen Forderungen und humanistisch-liberalen Forderungen nach der Entfaltung des/r Einzelnen abseits staatlicher Intervention ansieht und darin – wenn überhaupt – eine sozialliberale/linksliberale Forderung sieht. Eine selbstbewusste Außenkommunikation der Hintergründe dieses Beschlüsses ist hier angebrachter als die Weiterführung einer jahrelang gepflegten Kränkung und damit einer Perpetuierung einer (von der der Mehrheit so empfundenen) Falschbehauptung.
3. Und schließlich müssen unsere inhaltlichen Positionen auch mit Konsequenzen unterlegt werden. Das was aus diesen Beschlüssen resultiert, sollte gelebt und weiter gedacht werden.
Und schließlich: Vieles deutet darauf hin, dass die Zukunft der Piratenpartei im urban geprägten, linksliberalen Spektrum liegt, welche durch soliden, nicht rein ideologisch vorgetragenen linken und linksliberalen Positionen unterfüttert werden muss. Die Wahlergebnisse in den östlichen Bundesländern waren (gleich nach den Stadtstaaten) fast überall überdurchschnittlich hoch. Dazu muss man jedoch berücksichtigen, dass außer in Berlin fast überall die Zahl der Mitglieder pro EinwohnerInnen niedriger ist als im Westen (208, 227, 251, 284 und 433 Mitglieder pro Millionen Einwohner bei Durchschnit von 383). Dies zeigt zum Einen die Notwendigkeit, linke Positionen zu pflegen und weiter zu entwickeln und zum Anderen die Möglichkeit, durch einen gezielten innerparteilichen “Aufbau Ost” in den östlichen Bundesländern bei Wahlen besonders erfolgreich zu sein. Ich denke da besonders an die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg 2014. Außerdem deutet vieles deutet darauf hin, dass das Parteienspektrum in nächster Zeit nach rechts rücken wird. Da wird also im Parteiensystem im Zweifel auch noch Platz frei werden. Und gerade im Spektrum transnational denkender Parteien ist auf jeden Fall viel Platz! Dies gilt besonders angesichts der im Bundestagswahlkampf immer wieder anklingenden national-populistischen Tönen der Linken.
Struktur – Ein arbeits- und teamfähiger Bundesvorstand, der sich mit Fraktionen austauscht
Dringlicher als die Diskussion um Inhalte ist jedoch die Strukturdiskussion. Über einige der Probleme im Bundesvorstand habe ich ja schon gebloggt. Zudem wird sich der dritte Teil dieser Serie noch mit konkreteren Aspekten beschäftigen. Ich glaube jedoch schon jetzt einige Aspekte vorweg nehmen zu können, die ich als besonders dringlich empfinde:
1. Vernetzung des Bundesvorstands mit den Fraktionen: Offensichtlich wurschteln der Bundesvorstand und die Fraktionen, allen voran die vier Landtagsfraktionen, ja seit mehreren Jahren erfolgreich aneinander vorbei. Nun kann man die Schuld dafür bei einzelnen Akteuren sehen oder man sucht nach strukturellen Gründen. So gibt es Treffen bzw. Klausuren des Bundesvorstands und die dreimonatigen gemeinsamen Treffen der Landtagsfraktionen. Diese beiden unterschiedlichen Treffen sollten schnellsmöglich stärker miteinander vernetzt werden. Seit 1,5 bis 2 Jahren häufen die Mitglieder der Fraktionen einen unglaublich reichen Erfahrungsschatz über Prozesse, Abläufe und Strukturen unserer Gesellschaft, unseres Medien- und Politiksystems an. Auch im Bundesvorstand ist dieses Wissen – richtig eingesetzt – Gold wert, um die strategische Planung zu beeinflussen und Impulse zur Weiterentwicklung der Partei zu geben. Fast alle Fraktionäre geben sich äußerste Mühe, dieses Wissen in die Partei weiterzugeben. Allerdings funktioniert dies auch nur begrenzt und jemanden in einem Gremium zu haben, der bestimmte Erfahrungen gemacht hat, ist immer noch etwas anderes, als jemanden in ein Gremium zu wählen, der/die von diesen Erfahrungen berichtet wurde. Insofern sollte auch eine stärkere direkte Einbeziehung der Fraktionen in die Parteigremien, zum Beispiel durch die Wahl von Abgeordneten in den Bundesvorstand oder äquivalente Gremien, erfolgen.
2. Ausbau der Handlungsmöglichkeiten des Bundesvorstands: Wir alle sehen, wie stark die Rotation im Vorstand ist. Auch wenn unter Hierarchieaspekten nett ist, dass dort nicht allzu viel Macht akkumuliert werden kann, können wir nicht weiter zulassen, dass uns gute Leute ausbrennen, viele Parteimitglieder durch ihre berufliche oder familiäre Situation für das Amt gar nicht in Frage kommen und in 7 Jahren Parteigeschichte bisher noch keine Frau in eine zweite Amtsperiode gewählt wurde. (Zu 90% durch Nicht-Wiederantritt. Das ist wohl kaum ein Zufall.) Um dies zu verbessern sollten wir zum Einen über mehr bezahlte Stellen und zum Anderen über eine Ausfallentschädigung sprechen. Das sollte vor allem für Vorsitzende/r, PolGF, Stellvertreter/Sprecher, Gensek und SchatzmeisterIn getan werden. Nur mal so zum Vergleich: Bei den Grünen ist sogar ein Posten als LandesschatzmeisterIn der Grünen Jugend(!) mit einer Aufwandsentschädigung versehen. Im Übrigen gibt es auch Stellen, die einzurichten uns mehr Geld einbringen als kosten würde und unsere Finanzen konsolidieren würde. Hier sehe ich noch enormes Potential, was zu heben wir uns trauen sollten.
3. Kreativer werden: Warum kommunizieren wir eigentlich die im Parteiengesetz festgeschriebenen Posten genauso nach außen? Warum nennen wir nicht zwei bis drei Mitglieder des Bundesvorstands gleichberechtigte Sprecher (unabhängig davon, was ihr offizieller Titel ist)? Das haben die Grünen in den Achtzigern gemacht, andere Parteien machen das auch. Falls es dazu inhaltliche Bedenken gibt, bitte. Aber legale sind hier unangebracht. Das ist nur ein Beispiel. Ich bin mir sicher, euch fallen noch andere ein.
4. Mit Mythen aufräumen, Themen durch Köpfe: Einige Mythen halten sich leider seit vielen Jahren. Dazu gehört, die Piraten würden Themen statt Köpfe anstreben. In Wahrheit sind wir schon seit Jahren – richtigerweise – dazu übergegangen, Themen über Köpfe zu kommunizieren. Das war schon 2010 bei Stephan Urbach und ACTA so, bei Bruno Kramm und Urheberrecht und in vielen, vielen weiteren Fällen. Natürlich brauchen wir Menschen, die besonders bekannt sind, die für Themen, für Positionen, für Richtungen, für eine Entwicklung der Partei stehen. Außerdem sollten das auch nicht hunderte sondern auf Bundesebene eine Handvoll sein. Ich empfehle dazu den ersten Abschnitt der Analyse von Pavel. Was wir eigentlich verhindern wollen – dass Parteimitglieder ihre Popularität zur Anhäufung von Macht und zur illegitimen Kurskorrektur der Partei missbrauchen, lässt sich wesentlich besser und effektiver auf andere Weise kontrollieren, als durch den aussichtslosen Versuch, den Bekanntheitsgrad von Parteimitgliedern künstlich zu begrenzen. Die Frage ist natürlich auch immer, wen wir wählen.
5. Teams wählen statt Individualisten: Ich bin es langsam ein bisschen leid, dass Menschen einzeln diskutiert werden, wenn es um ihre Qualifikation für den Bundesvorstand geht. Der Bundesvorstand sollte verschiedene Aspekte, Flügel, Gruppen, Denkrichtungen der Partei repräsentieren und gleichzeitig nach außen sprechfähig und nach innen arbeits- und teamfähig sein. Nach diesen Kategorien sollten wir auch seine Mitglieder auswählen. Dazu gehört dann auch, dass wir KandidatInnen immer im Lichte ihres möglichen zukünftigen Umfelds und ihrer Rolle im zukünftigen Gremium bewerten. Eine Kandidatin ist 10% qualifizierter als ein anderer? Das ist natürlich Quatsch, da überhaupt nicht berücksichtigt wird, welche Rolle welche/r in welcher Konfiguration einnehmen würde. Das ist eine Weisheit, die die anderen Parteien aufgrund längerer Erfahrung den Piraten leider schon voraus haben. Lasst uns Teams wählen, die ausgewogen sind und gut miteinander arbeiten und nicht SelbstdarstellerInnen oder vor allem von sich selbst Überzeugte, die ihre Rolle nicht ausreichend reflektieren. Für mich gilt: Wer sich für den Vorstand bewirbt, ohne seine Rolle dort in den verschiedenen Konfigurationen ausreichend darzustellen, ist als KandidatIn automatisch ungeeignet.
Für alle, die ihren Strukturaspekt hier nicht wiedergefunden haben, sei auf Teil 3 der Serie verwiesen. Darin werde ich in meinem Gespräch mit Matthias Bjarnemalm auf bestimmte Aspekte der Parteistruktur noch einmal genauer eingehen.
Kultur – Kompromiss- und Verhandlungsbereitschaft, Anerkennen von Repräsentation und Delegation
Zu der Struktur und den Inhalten gehört auch die Parteikultur. Die Parteikultur bedeutet, wie kommen wir ausßerhalb der offiziellen Struktur zu Entscheidungen. Aus meiner Sicht mangelt es uns an folgenden drei Dingen: Verhandlungsbereitschaft, repräsentieren und delegieren. Warum? Ich bringe mal ein kurzes Beispiel.
Einfache Frage: Was war der größte Fail beim Bundesparteitag 2013.1 in Neumarkt? Viele antworten auf diese Frage automatisch, der größte Fail sei, dass die SMV nicht beschlossen wurde. Aus meiner Sicht geht die Antwort zu kurz. Das größte Problem war, dass es trotz SMVcon und Übersichtskarten und Sonntag-Morgen-Intervention nicht gelungen ist, einen gemeinsamen, ausreichend Gruppen zufrieden stellenden Kompromiss zu erarbeiten. Es gab schlicht keine ausreichend gute Kommunikation zwischen LiquidFeedback-Befürwortern und -Gegnern und den “Hauptsache, dass irgendwas beschlossen wird”-Leuten. Daher müssen wir meiner Ansicht nach lernen, stärker zwischen den verschiedenen innerparteilichen Fraktionen zu vermitteln. Dazu gehört auch vertrauen bilden, die eigene Motivation klarer kommunizieren, Repräsentation durch andere anerkennen und aktiv zu delegieren. Dazu gehört natürlich auch, dass man diejenigen nach vorne schickt, die zu Verhandlungen fähig und bereit sind. Sobald man dies tut, macht man es der anderen Seite überproportional schwer, einen einmal gefundenen Kompromiss abzulehnen. Stärkere Repräsentation von Gruppen durch VerhandlungsführerInnen und Aushandlung von Kompromissen würde dazu führen, dass Parteitage ein bisschen was von ihrem Zufallselement verlieren, man besser Schwerpunkte setzen und sich fokussieren kann, somit auch die Außenkommunikation effizienter und besser gestalten. Weniger demokratisch würden sie damit nicht. Schließlich kann man immer noch dagegen stimmen. Ich hoffe, dass uns dies in Zukunft wesentlich besser gelingen wird. Denn ich glaube, dass sich an dieser Fähigkeit zu einem gewissen Maße auch die Zukunft der Partei entscheiden wird. Den Bundesvorstand sehe ich in diesem Prozess übrigens durchaus in einer aktiven Rolle.
Geschichte – Parteitage nutzen, um Botschaft in die Öffentlichkeit abzustimmen
Die Parteigeschichte ist die Geschichte, die wir erzählen, also mit der wir Struktur, Kultur und inhaltliche Forderungen nach außen kommunizieren. Es ist die Botschaft, die wir aussenden wollen. Man könnte es auch Image, Kampagne und Vermittlung nennen. Einige haben in Blogposts diesem Aspekt fast 90% Raum eingeräumt. Daher hält es sich bei mir kurz. Besonders möchte ich auf Pavels Post verweisen. Der traf besonders mit seinen Ausführungen zu Vernunft vs. Gefühl in der Politik einen Nerv bei mir, hält aber auch einiges anderes lesenswertes parat.
Die Geschichte, die eine Partei zu erzählen hat, beziehungsweise die Botschaft, die sie auszusenden hat, ist wirklich sehr wichtig. Man sieht es daran, die FDP die letzten vier Jahre keine glaubwürdige Geschichte erzählen konnte (darauf bin ich auch in Teil 1 eingegangen) und als Konsequenz aus dem Bundestag geflogen ist. Das sollten wir uns zu Herzen nehmen und immer eine Geschichte parat haben, die sowohl attraktiv als auch glaubwürdig ist und zu uns passt. Die Geschichte, da kurz und prägnant, ermöglicht Reduktion und für Externe besseres Verständnis, sowie Multiplikation unserer Positionen. Die Geschichte sollte aus verschiedenen Untergeschichten bestehen, die sich gegenseitig ergänzen und vervollständigen. Es ist also nicht notwendig, auf die Geschichte der Partei als Demokratierevolutioniererin zu verzichten, um die Geschichte der Partei als Hinterfragerin von Vollbeschäftigung zu erzählen, wenn man beides miteinander kombinieren kann. Das Besinnen auf die Geschichte bzw. die Diskussion über ihre Interpretation ermöglicht uns, unsere Gemeinsamkeiten über unsere Unterschiede zu stellen, sowie den Dies sollte eine viel größere Rolle auf Parteitagen einnehmen. Zumal jetzt, wo das Programm wesentlich weniger lückenhaft ist, als noch vor einigen Jahren, wo Programmarbeit noch wichtiger war.
Übrigens: Um die Geschichte der Partei zu erzählen, brauchen wir auch mehr Nähe zu den BürgerInnen. Dazu lassen sich kommunale und Bezirksbüros nutzen Die Reinickendorfer behaupten, anhand der Wahlkarte lasse sich klar ablesen, dass die Existenz des Bezirksbüros konkrete Auswirkungen auf das Wahlergebnis hat. Aber entscheidet selbst. Fakt ist aber, dass die Büros dazu animieren, sich “diese komischen Vögel” einfach mal direkt und selbst anzuschauen, was in den meisten Fällen eher zu positiven als negativen Aha-Effekten führt.
Fazit
Wer bis hierhin gelesen hat, braucht eigentlich kein Fazit. Trotzdem nochmal eine Zusammenfassung: Die Piratenpartei schleppt einige Hürden seit vielen Jahren mit sich herum, während vieles von alleine und formidabel läuft. Leider führen diese Hürden und Blockaden dazu, dass keine gemeinsam erstellte und allgemein akzeptierte Botschaft erarbeitet werden kann, die dann der Öffentlichkeit die Partei und deren Ziele erklärt. Die Frage nach der richtigen Marketingstrategie oder Kampagne spielt dabei noch eine untergeordnete Rolle. Vorher braucht es eine Professionalisierung der Vorstandsstrukturen – bestenfalls mit entschädigten (ergo: bezahlten) Vorständen und bezahlten Mitarbeitern. Dazu gehört aber auch eine bessere Vernetzung von Bundesvorstand und Fraktionen, Wahl der Vorstandsmitglieder nach Teamfähigkeit und Repräsentation, statt individueller möglicher Charakterstärken. Und es braucht eine Veränderung der Parteikultur, hin zu mehr Kompromiss- und Verhandlungsfähgkeit, welches die Bereitschaft erfordert Repräsentation und Delegation anzuerkennen. Was bisher gut läuft, ist di Erarbeitung der Inhalte, welche nur den Makel aufweisen, dass sie zu häufig nach Entscheidungen in Frage gestellt und zum Teil falsch kommuniziert werden. Auf Grundlage dieser Ideen lassen sich konkretere Konzepte entwickeln, von denen eines in Teil 3 behandelt werden wird.
Ich find’s ja lustig, wie es einen Abschnitt dazu gibt, dass Beschlüsse auch mal akzeptiert und kommuniziert werden müssen und einen dazu, wie man die Entscheidung für BEO statt SMV wieder umgeändert bekommt. ^^
Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen. Aber mach du mal BEO. Ich freu mich drauf!
Danke für den Ein- und gleichzeitig Ausblick! Ich freue mich auf Teil 3.
Gute Arbeit – alle Achtung, lesenswert!
Vielleicht bestätigt auch eine Beobachtung als ein “einjähriger” Pirat. Die Vermittlung von Informationen bzw. Beantwortung von Fragen geschieht manchmal wirklich widerwillig bzw. zäh und ist für mich manchmal mühsam gewesen. Als Berufstätiger habe ich nicht immer die Zeit, dem Motto “lese/lerne selbst” zu folgen und es ist dann Zeitverschwendung. Ich brauche das Rad nicht zum fünften Mal erfinden. Ist allerdings auch “nur” meine Erfahrung. Aus organisatorischer Sicht sollte sich m.E. hier eine andere Kultur der Wissens-/Informationsvermittlung etablieren.
Auch wenn ich vielleicht verstehe, warum dir immer wieder Gruppen (bzw. Flügel) oder genauer deren Repräsentanten als Vorstandsmitglieder und wohl vor allem auch als Verhandlungspartner für Kompromisse wichtig wären, sehe ich so eine Denkweise auch als Problem an und würde auch einschätzen, dass jemand wie Du, Dir des Problems daran bewußt sein müsstest. Denn im Grunde ist doch eine jede Gruppeneinteilung, die versucht, einzelne Menschen zu einer (mehr oder weniger) einheitlichen Masse zusammenzufassen, ein Schritt in die falsche Richtung. Es gibt keine homogene Masse, wie “IrgendeineEigenschaftLer”, solche Einteilungen sind allgemein doch eher das (ein) Wurzel allen Übels. Und in diesem speziellen Fall würden sich wahrscheinlich auch immer eine ganze Menge davon ausgeschlossen fühlen.
Die Frage ist dann allerdings, ob ich eine andere Lösung hätte – natürlich nicht so einfach…
Aber möglicherweise könnte man sich dann erstmal vor allem auf die Themen konzentrieren, die von allen “gleichermaßen getragen” werden. Andererseits können ja viele – so wie du hier – einen großen Teil der verschieden Richtungen, der Denkweisen und wiederkehrende Probleme einschätzen und so jemand – sich relativ neutral Gebender – kann möglicherweise auch so für die Piraten sprechen, dass mehr als nur “ein Flügel” damit leben kann. Und ich schätze, es gibt auch bestimmte Piraten, bei denen man davon ausgehen kann, dass sehr viele mit diesen klarkommen würden. Und dann gibt es ja noch LQFB oder ähnliches. Ansonsten würde ja auch erstmal eine Art temporärer “runder Tisch” reichen, der die Piraten schnellstmöglich zu irgeneiner Art SMV bringt. Ich glaube (und hoffe), dass ein Teil der Probleme damit schon entschärft sein würde. Oder aber soetwas, was die SPD gerade vorhat – eine Briefwahl zur SMV. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das ein ganz anderes Ergebnis bringen würde, als eine reine Parteitags-Teilnehmer-Entscheidung (warum sollten die Piraten nicht soviel Mitbestimmung, wie die SPD hinbekommen?)