Am 1. und 2. März findet die erste Landesmitgliederversammlung 2014 der Berliner Piraten im ersten Stock im Haus vom Neuen Deutschland, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg, statt. Dort werden wichtige Weichen für die Partei, die Fraktion und zukünftige Wahlen gestellt. Ich habe mir mal einige Gedanken gemacht, was sich eigentlich verändern sollte. Neben der Frage, wie die nach der Struktur des Vorstands oder ob wir eine Quote für den Vorstand brauchen, gibt es noch einige Punkte, die meiner Ansicht nach zu einer Verbesserung der Wahrnehmung des Landesverbandes oder einer verbesserten Arbeitsfähigkeit des Landesvorstands führen würden. Einige davon liste ich hier auf:
Wir brauchen einen politischeren Landesverband. Wir brauchen einen politischeren Landesvorstand. Es ist unglaublich schwer, gegen eine Landtagsfraktion mit bald 45 Vollzeitäquivalenten Wünsche und Forderungen durchzusetzen und Akzente zu setzen. Das ist mir bewusst. Das wichtigste dabei ist das Priorisieren!
Jeden Monat stellen Berliner Piraten gute Anträge ins LiquidFeedback (zum Beispiel diesen hier von Harry, mir und anderen IIPiraten), auf jeder LMV werden gute Anträge behandelt. Die programmatische Weiterentwicklung ist im Grunde gesichert. Das Hauptproblem ist, dass vieles durcheinander geht und eine Schwerpunktsetzung fehlt. So ist für Außenstehende und auch für Medien zum Teil nicht immer klar ersichtlich, welche Themen in der Partei gerade wichtig sind. Die mediale Schwerpunktsetzung geschieht vor allem über die Abgeordneten und einige besonders fleißige Bezirksverordnete. Um für einen gewissen Zeitraum im LV eine stärker sichtbare Schwerpunktsetzung zu erreichen, gibt es verschiedene Instrumente: Dazu gehören Pressekonferenzen und Statements des Vorstands oder von Mitgliedern, Aktionen, Demonstrationen und Versammlungen, aber auch die Debatte auf der weithin medial sichtbaren LMV.
Dazu benötigt es aber eine Einigung, welche Themen besonders behandelt werden sollen auf der LMV. Der Vorstand hat dies nun beschlossen. Zu diesen Themen sollen im Vorfeld Anträge erarbeitet werden, die konkrete Projekte darstellen oder eine besonders deutliche Richtung vorgeben. Dabei können auch mehrere Richtungsentscheidungen – vom eher groben ins sehr detaillierte – vorgenommen werden. Dazu können im Vorfeld nach Bekanntwerden der Schwerpunkte GastrednerInnen eingeladen werden. Beauftragte können sich auf Redebeiträge vorbereiten. Dadurch entsteht eine dichtere Debatte, die nicht nur von Antrag zu Antrag hechelt und auch für Zuschauer interessanter ist. Wenn möglich ist die Uhrzeit auch im Vorfeld festlegbar. Zudem können sich Piraten schon im Vorfeld auf die Debatte vorbereiten. So machen wir schon im Vorfeld klar, welches unsere wichtigen Themen sein werden, werben dann auf der Veranstaltung dafür und erleichtern unserem Landesvorstand und unseren Beauftragten die konkrete inhaltliche Arbeit nachher.
2. Neuen Landesvorstand mit wichtigen Kompetenzen ausstatten
Das Problem ist bekannt. Wir wählen Piraten in einen LaVo, weil wir ihnen vertrauen und sie schon in der Vergangenheit bestimmte Dinge gut gemacht haben, zum Beispiel viele Tickets bearbeitet oder Tilden gemacht haben. Und dann kommen plötzlich ganz andere Dinge auf sie zu, mit denen vor der Wahl kaum zu rechnen war. Der LaVo ist rechtlicher Vertreter des LV Berlin, aber auch erster Ansprechpartner für Noch-Nicht-Schiedsgericht-Streitigkeiten zwischen Mitgliedern, inklusive allen Dingen, für die Awareness (und am besten auch Erfahrung) notwendig wäre. Diese Kompetenzen sind unglaublich wichtig für Mitglieder dieses Gremiums, sie fallen jedoch nicht vom Himmel, die Wahrscheinlichkeit, dass sie Wahlvoraussetzung sind, ist extrem gering und möglicherweise haben LaVo-Mitglieder gar nicht mehr die Zeit oder das Geld, sie nach der Wahl zu erwerben. Insofern ist es sinnvoll und fair gegenüber den neuen Menschen in Verantwortung, dass wir uns im Vorfeld Gedanken darüber machen, für welche Kompetenzen wir ihnen sowohl die Nachschulungen als auch die Bereitstellung der dafür notwendigen Gelder empfehlen.
Daher will ich, dass der neue Landesvorstand und jeder neue danach mit für die Bewältigung seiner Aufgabe wichtiger Kompetenzen ausgestattet werden. Dies sollte im Rahmen eines Kennenlernwochenendes stattfinden, an dem neben Kennenlernaktivitäten noch genug Zeit sein sollte für wichtige inhaltliche Aktivitäten. Neben dem Umgang mit Medien und anderen wichtigen Dingen sollte am Jahrestag der Aufschrei-Debatte 2013 klar sein, dass Sensibilsierung im Bereich Awareness und sexualisierter Gewalt in einer Partei – so nett sie auch sei – absolut essentiell ist. Gerade um eine Abschätzung über den weiteren Umgang und dsa Einschalten weiterer Menschen und Institutionen (Vertrauenspersonen, Gerichte usw.) wagen zu können, sind gewisse Grundkonpetenzen notwendig. Ich kenne auch schon erfahrene Piraten, die diese Kompetenzen kostenfrei vermitteln könnten.
3. Mehr Einfluss auf die Entscheidungen in der Fraktion.
Ich denke, dass der Landesverband bzw. der Landesvorstand wesentliche mehr Einfluss nehmen sollte auf Entscheidungen (siehe dazu 1). Aber bitte in geregelter Art. Das vermeidet auch Shitstorms, denke ich. Bei anderen Fraktionen ist es normal, dass Landesvorstandsmitglieder in den Fraktionssitzungen sitzen, dort Anträge stellen und mitreden und -entscheiden und auch an Klausuren teilnehmen. Das fällt uns noch immer schwer.
Eine Möglichkeit dazu wäre “das Aussprechen einer Empfehlung über die Besetzung der Position des/der Vorsitzenden der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus.” Der Punkt ist sicherlich kritisch. Ich liebäugele damit schon seit Jahren, aber ich sehe auch deutlich die Nachteile. Letztendlich muss die Mehrheit der Fraktion selbst wissen, wem sie welche Verantwortung und Repräsentation übertragen will. Insofern kann das nicht mehr als ein Meinungsbild sein. Keine Möglichkeit zu haben, in der Partei nach seinem Standing nachzuhorchen (oder nur komische, dafür nicht gedachte) ist sicherlich auch keine Lösung – zumal Ende 2015 wieder eine neue Landesliste aufgestellt wird. Letztendlich sollte einfach der Landesverband entscheiden, ob sie sich im Rahmen einer LMV damit befassen wollen.
Moin,
es ist in meinen Augen der falsche Ansatz, mit einer Schwerpunktsetzung die Arbeit auf eben diese wenigen Punkte zu fokussieren. Viel wichtiger ist es doch, gerade wenn man wie die Mitglieder des AGH im täglichen politischen Leben steht, die Grundlagen dafür zu schaffen, schnell und unkompliziert Schwerpunkte zu setzen, wenn es die Situation verlangt.
Wenn ihr Schwerpunkte für die die die Legislatur sucht, bietet das Programm, mit dem ihr gewählt wurdet, sicher genug Anhaltspunkte.
Und was das außerparlamentarische politische Leben betrifft, da gilt doch wohl das piratische Mandat. Wer sich mit einem Thema beschäftigen will, wer eine Aktion organisieren oder unterstützen will, sollte das auch weiterhin nach eigenem Gutdünken tun können und sich nicht durch eine Schwerpunktsetzung beschränkt fühlen.